Wie ein System deine Produktivität maximiert: ein praktischer Ansatz
Mehr erreichen durch einen ganzheitlichen Ansatz in Kombination mit Checklisten, Capturing, 2-Minuten-Regel, Wiedervorlage, Fokusarbeit und Timeboxing.
In einer Espressolänge
In unserer heutigen schnelllebigen Welt steigt der Druck, effizienter zu arbeiten und produktiver zu sein. Mit diesem Blogbeitrag stelle ich einen ganzheitlichen Ansatz vor, wie du deine Produktivität systematisch optimieren kannst. Ich gehe darauf ein, wie ein System zur Steigerung deiner Effizienz beiträgt sowie auf die erfolgreiche Implementierung eines solchen Systems in dein Alltagsleben.
Dabei gilt natürlich, dass ein Ansatz immer zur Person passen muss. Das Folgende soll in keiner Weise den Anspruch erheben, das Nonplusultra zu sein. Typischerweise verändern wir uns auch über die Zeit und wachsen aus bekannten Systemen vielleicht irgendwann wieder heraus.
1. Warum Systeme bei der Produktivitätssteigerung helfen
Werkzeuge, die dir helfen, deine Aufgaben im Blick zu behalten, nichts zu vergessen und dich effizienter machen, sind wichtig. Ein großer Zugewinn entsteht, wenn diese Werkzeuge in einem System Hand in Hand arbeiten.
Beispielsweise sind „Medienbrüche“ – also das Wechseln von einem Medium oder einem Werkzeug zum anderen, ohne dass dieser Schritt im digitalen Fall durch Software unterstützt wird und manuelles Eingreifen notwendig ist – oft hinderlich. Ein konkretes Beispiel dafür ist das Übertragen eines Termins aus einer E-Mail in einen Papierkalender. Selbst beim Nutzen eines digitalen Kalenders werden Termine meist von Hand aus dem E-Mail-Programm in die Kalender-App übertragen. In Outlook ist dies beispielsweise nicht notwendig und das ist bereits ein erster systemischer Ansatz.
Mit System ist aber nicht nur das technische Zusammenspiel der einzelnen Werkzeuge gemeint, sondern auch die gesamte Herangehensweise, wie man seine Zeit produktiv gestaltet. Mit etwas mehr Struktur fällt es einigen Menschen leichter, produktiv zu sein. Dazu gehört auf seinen Biorhythmus zu hören und vielleicht, die geistig anspruchsvollsten Tätigkeiten nicht in die Zeit des Mittagstiefs zu legen, oder Multitasking zu vermeiden.
Einfach ausgedrückt, geht es darum, einen reibungslosen Arbeitsablauf (Workflow) zu bauen, der dich bestmöglich unterstützt und wenig bis keine zusätzliche Arbeit macht, sondern idealerweise zu weniger Arbeit führt getreu dem Motto „weniger tun, mehr erreichen“.
Um eins gleich vorwegzunehmen: Es gibt kein perfektes System. Es gibt höchstens ein für den Moment optimales System. Mit der Weiterentwicklung von Software, Veränderungen im Arbeitsalltag und auch Ändern der persönlichen Präferenzen (z. B. weniger Zeit vor einem Bildschirm, stattdessen mehr handschriftliches Arbeiten) muss das System immer neu ausbalanciert und angepasst werden.
2. Woraus ein Produktivitätssystem bestehen kann
Da es um das Ineinandergreifen der einzelnen Arbeitsschritte geht, müssen wir erst einmal schauen, was alles in so ein System hineingehören kann. Es ist nicht verwunderlich, dass die Arbeitsschritte mit den klassischen Coaching-Themen zusammenfallen:
- Kalender (Zeitmanagement)
- To-do-Liste (Aufgabenverwaltung)
- Ablage (Wissensmanagement)
- E-Mail (Kommunikation)
Wenn eine E-Mail oder ein Telefonanruf ankommt, können sich dahinter bis zu drei Dingen verbergen: 1. es ist etwas zu tun (ggf. bis zu einem bestimmten Zeitpunkt), 2. es gibt ein Treffen und 3. es gab Informationen, die abgelegt werden müssen.
Optimalerweise gibt es hier so wenige Reibungspunkte wie möglich. Die Aufgabe kann direkt aus der E-Mail generiert und mit einer Deadline versehen werden, ebenso leicht wird ein Termin in den Kalender eingestellt und die Informationen landen da, wo bei Bedarf schnell auf sie zugegriffen werden kann. Der GTD-Ansatz (Getting Things Done) von David Allen baut unter anderem genau darauf auf. Dazu gibt es in der näheren Zukunft einen separaten Artikel.
Neben dem Umgang mit Arbeitsaufgaben, die natürlich genauso im Privaten angesiedelt sein können, gehört Planung und Rückschau dazu. Diese beiden Aspekte machen aus einer Sammlung von Methoden ein System. Und zwar dadurch, dass beide für Ordnung sorgen: Planung hilft, die richtige Methode oder Technik für die vor dir liegenden Aufgaben zu wählen. Ein Rückblick hilft dir zu entscheiden, ob die Planung an sich gut war oder zukünftig angepasst werden muss.
Die dritte Komponente, die ein System ausmacht, ist die Einbettung in das Leben. Streng genommen gehört es nicht mehr zum Produktivitätssystem selbst, aber die Einordnung ins große Ganze ist unbedingt notwendig. Das System muss zum Lebensstil passen. Es muss ausreichend Zeit und Gelegenheiten lassen, um Energiereserven wieder aufzufüllen. Und letztendlich ist ein Produktivitätssystem nur ein Mittel, um sein Leben voller zu leben – so muss es also auch genügend Zeit zum Leben lassen.
3. Welche Werkzeuge und Techniken zur Optimierung verwendet werden können
Integration
Ein gutes System bietet eine hohe Integrationsfähigkeit. Die äußert sich zum Beispiel darin, keine Medienbrüche auftreten und dass Informationen schnell zugänglich sind. Wenn du Informationen nicht an mehrere Stellen mehrfach ablegen musst, spricht das für eine gute Integration deiner Werkzeuge.
Hierzu zählt auch, dass deine Werkzeuge verfügbar sind, wenn du sie brauchst (am Schreibtisch wie unterwegs, im Büro wie zu Hause, auf dem PC wie am Handy). Achtung: Das ist kein Plädoyer dafür, immer erreichbar zu sein.
Durchsuchbarkeit
Es ist wahrscheinlich Geschmackssache, ob man seine Informationen fein säuberlich wie Akten ablegt, mit Kategorien versieht oder einfach auf einen digitalen Haufen wirft. Besonders beim letzten, aber auch bei den anderen Herangehensweisen, sollte eine gute Suchfunktion vorhanden sein.
Programme, Apps und anderes Handwerkszeug
Es gibt Tausende von Möglichkeiten. Bitte schau dir unterschiedliche Lösungen an, sofern du da Freiheiten hast. Es gibt natürlich manchmal zentrale Vorgaben, wie dass alle Termine in einer gemeinsamen Software verwaltet werden müssen. Aber probiere dich etwas aus, teste Alternativen, wenn du nicht hundertprozentig zufrieden bist. Dein Werkzeug sollte zu dir und deiner Arbeitsweise passen, nicht du solltest dich permanent an deine Werkzeuge anpassen müssen.
Standardsoftware hat den Vorteil, dass die Teilprodukte gut miteinander verknüpft sind. Aber dies geht oft auf Kosten der Anpassbarkeit. In Realität sind wir insbesondere bei Standardsoftware gezwungen, uns den Programmen anzupassen.
Priorisieren und Ideen für die Zukunft
Bei einer großen Zahl von Aufgaben kann es hilfreich sein, auch ein Werkzeug zur Hand zu haben, das schnell Prioritäten verteilen lässt. Gedanklich hilft hier so etwas wie die 80/20-Regel, also für sich selbst zu schauen, was gerade die größte Auswirkung auf die Zukunft hat und das vor allem anderen anzugehen.
Ideen oder Aufgaben, die irgendwann mal gemacht werden müssen und nicht vergessen werden dürfen, sollten in einen Ideenspeicher (oder Backlog) gelegt werden, der leicht von der Liste der aktuellen To-dos getrennt werden kann, um diese übersichtlich zu gestalten.
Einstellung (Mindset)
Hinter jeder Methode steckt auch immer eine Einstellung. Prioritäten für dich selbst festzulegen und „Störende“ zu vertrösten, kleine Regenerationspausen einzubauen oder klar Nein sagen zu können erfordert eine bestimmte innere Haltung. Es kann helfen, deine grundlegenden Leitsätze und Überzeugungen zu hinterfragen und zu überprüfen.
Für Ali Abdaal ist Produktivität das Verhältnis von sinnvollen Ergebnissen zur eingesetzten Zeit multipliziert mit einem Spaßfaktor. Er meint, dass ohne Spaß auch die Produktivität zum Erliegen kommt. Auch hier kommt unsere Einstellung zum Tragen. Wenn wir unser System so gestalten, dass wir Freude dabei haben, es zu benutzen, werden wir produktiver.
Eine systemische Herangehensweise kann auch dazu genutzt werden, sich selbst mehr Struktur zu geben.
Vorschau und Rückschau
Ein Element, um aus einer Sammlung von Produktivitätsmethoden ein System zu machen, ist das strategische Herangehen. Zum einen ist es Planung, die dabei hilft, weniger überwältigt zu sein und ein gewisses Maß an Kontrolle ermöglicht. Zum anderen sind es Rückblicke, die die Effektivität deines Systems sicherstellen.
Folgende sieben Methoden, die Werkzeugen und Einstellungen verbinden und sowohl digital als auch analog nutzbar sind, können Bausteine deines Produktivitätssystems sein:
1. Checklisten
Ein wichtiger Bestandteil eines effektiven Systems zur Steigerung der Produktivität ist die Einführung einer Checkliste für regelmäßig wiederkehrende Dinge. Diese Checkliste sollte deine wichtigsten Aufgaben enthalten, die du jeden Tag oder jede Woche abarbeiten musst, um deine Ziele zu erreichen. Indem du diese Checkliste jeden Tag verwendest, wirst du in der Lage sein, deine Aufgaben effizienter zu erledigen und mehr zu erreichen.
Checklisten können den Rahmen deines Systems festhalten. Neue Informationen lösen von sich eine Folge von Aktionen aus; Planung, Rückblicke, Wiedervorlage (s. u.) und Ähnliches müssen jedoch gezielt angegangen werden, da für diese kein externer Anstoß erfolgt.
2. Schnelles Festhalten (Capturing)
Wenn du gerade mitten im Arbeiten und einem Gedanken bist und dich aufgrund eines Anrufs oder einer Kollegin, die dir etwas zuruft, da herausreißen lässt, dauert es bis zu 25 Minuten, wieder voll gedanklich zur Aufgabe zurückzukehren. Das ist der Hauptgrund, weswegen Multitasking für einen produktiven Arbeitsablauf schädlich ist.
Nun kann es aber passieren, dass dich jemand anspricht oder dass dir selbst etwas einfällt, was gerade aber nicht zur Sache gehört. Dann mache dir eine Notiz, z. B. ein Klebezettel direkt auf den Schreibtisch. Für dieses schnelle Festhalten von Gedanken oder Erinnerungen gibt es oft auch digitale Möglichkeiten, die über eine Tastenkombination aufrufbar sind und schnell wieder in den Hintergrund abtauchen.
3. Zwei-Minuten-Regel
Alles, was in zwei Minuten erledigt sein kann, kommt nicht ins System, sondern wird sofort erledigt.
4. Fasse alles nur einmal an
Wenn aus der Kommunikation von außen etwas an dich herangetragen wird, dann ordne es sofort in das System ein, sodass du alles nur einmal anfassen musst. Eine E-Mail lesen, liegen lassen, weil du dich gerade nicht drum kümmern kannst, erneut lesen, Rückfrage stellen usw. und diese E-Mail über Tage im Postfach zu haben, klingt schon nicht nach einer effizienten Herangehensweise, nicht wahr?
5. Wiedervorlage
Ein schöner Begriff aus der Verwaltungswelt: Manchmal müssen wir auf andere Menschen warten, bevor wir weiterarbeiten können. Wenn sich diese von selbst melden, kannst du wie mit jeder neuen Information verfahren, die in das System hineinkommt. Wenn diese Menschen aber auf sich warten lassen, darf es nicht untergehen, dass noch etwas offen ist. Diese Dinge kommen am besten in die Wiedervorlage, die du dann regelmäßig überprüfst und dich in Erinnerung bringst. Auf die Checkliste könnte also wöchentlich die Überprüfung von wartenden oder pausierten Aufgaben kommen.
Was du damit erreichst, ist, dass die Aufgabe von deiner To-do-Liste vorerst verschwinden kann, du sie aber dennoch nicht im Hinterkopf halten musst.
6. Fokusarbeit
Für die herausforderndste Arbeit eine gezielte Fokusarbeitszeit einplanen, kann in mehrerlei Hinsicht von Vorteil sein. Legst du diese Aufgabe in die Zeit, in der du am produktivsten bist, kommst du wahrscheinlich schneller zum Erfolg. Und wenn du das am Stück erledigst, fühlst du dich auch erfolgreich. Die → Pomodoro-Technik kann dir dabei helfen. Das ist besser als den ganzen Tag vor Augen zu haben, dass du noch eine fette Kröte zu schlucken hast (Anspielung auf das Buch "Eat that Frog").
7. Kalender statt To-do-Liste
Einige Menschen bevorzugen es, Aufgaben in den Kalender einzutragen und die Erledigung fest zu terminieren, statt diese auf einer separaten Liste zu führen.
Eine zeitliche Begrenzung kann zudem dazu führen, effizienter zu sein (Timeboxing). Hiermit wirkt man einem der Parkinsonschen Gesetze entgegen: „Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.“
4. Ein Arbeitstag mit System – ein Traum
Ein neuer Tag beginnt. Du startest mit einem leeren Schreibtisch und einem leeren E-Mail-Postfach, das du gestern gemäß Checkliste als letztes bereinigt hast. Du blockst dir im Kalender deine Zeiten für fokussierte Arbeit, E-Mail-Zeit und deine Pausen um deine bestehenden Termine herum. Tagesplanung ist damit auf der Checkliste abgehakt.
Fokusarbeit steht als Erstes an. Nun gehst du an deinen Wissensspeicher, findest die Informationen, die du bereits zu dem Thema, mit dem du dich jetzt die nächsten anderthalb Stunden beschäftigen willst, an einem Ort und kannst dich ungestört an die Arbeit machen. E-Mails sind erst später dran, das Telefon ist für die Zeit umgeleitet. Du magst die Pomodoro-Technik und benutzt diese, da sie optimal für diese Aufgabe für dich ist.
Nach drei Zyklen hast du deine Fokusarbeit doch schneller als gedacht erledigt, verschickst dein Ergebnis und hakst den Punkt auf der To-do-Liste ab. Dir fällt der Klebezettel ins Auge, dass du dich bei dem Kollegen melden willst, der zwischendurch hereingeschaut hat. Aber erst einmal ist eine Pause für frische Luft und etwas Bewegung drin. Und um das Gefühl zu genießen, die erste große Aufgabe bereits erledigt zu haben.
Der Kollege möchte mit dir die Planung für das neue Projekt durchsprechen. Du machst mit ihm einen Termin aus, denn jetzt steht die Bearbeitung von E-Mails auf dem Plan. Du gehst deine E-Mails durch und verarbeitest diese sofort: Wenn du die E-Mail sofort verarbeiten kannst, dann tust du das, also schickst du die Antwort gleich raus, leitest die E-Mail weiter oder stellst eine Rückfrage. Ansonsten kommen Termine in den Kalender, Dinge, die zu tun sind, auf die To-do-Liste, Informationen ins Archiv. Und die E-Mail kommt raus aus dem Posteingang.
Dann steht das erste Meeting an. Du hast dich erkundigt, was das Ziel sein soll und nutzt die geplante Viertelstunde vorher, um dich darauf vorzubereiten. Danach hältst du die Ergebnisse für dich fest. Auch dafür ist im Kalender gleich Zeit eingeplant.
Am Ende des Tages schaust du, dass wirklich keine E-Mail mehr im Posteingang liegt, dass alle offenen Klebezettel abgearbeitet oder auf der To-do-Liste für morgen gelandet sind. Du priorisierst die Aufgaben für den nächsten Tag und räumst deinen Schreibtisch auf. Da heute Freitag ist, steht der Wochenrückblick auf der Checkliste, den du als Letztes erledigst. Dann gehst du zufrieden nach Hause.
Für die eine mag das eine Horrorvorstellung sein, so zu arbeiten, für den anderen stellt das vielleicht den perfekten Tag dar. Es geht bei dieser Fiktion darum, zu zeigen, was möglich ist und wie die Dinge ineinandergreifen. Meine Hoffnung ist, dass du daraus etwas Inspiration mitnehmen kannst.
5. Fazit
Es ist möglich, deine Produktivität durch einen systematischen Ansatz zu vergrößern. Nimm dir Zeit, deinen Tag zu planen, und schau abends, wie gut das funktioniert hat. Wenn es hätte besser laufen können, dann probiere eine andere Methode, ein anderes Werkzeug aus oder verändere etwas anderes und probiere es am nächsten Tag erneut. Auch hier ist ein Stück → Kaizen versteckt. Wichtig sind Pausen, um die nötige Energie zu haben, um produktiv sein zu können. Finde Wege, dir Dinge zu vereinfachen. Und: genieße das Leben, sonst ist alle Produktivität nichts wert!
Natürlich solltest du auch hier ein gewisses Mittelmaß halten. Es geht nicht darum, das perfekte System für dich zu finden, sondern eines, das jetzt für deine Bedürfnisse angemessen ist („Ist es gut genug für jetzt?“). Die Suche nach neuen Methoden und nach noch mehr Produktivität kann auch übertrieben werden – ich weiß, wovon ich spreche. 😀
Letzten Endes ist so ein System eine sehr persönliche Sache und wir alle müssen das für uns passende System bauen: Die Programme finden, mit denen wir gut arbeiten können, die auf den Betriebssystemen oder Geräten laufen, die wir nutzen. Die Methoden heranziehen, die uns ausreichend stärken, uns aber nicht einschränken.
Zu guter Letzt noch der Hinweis, dass es immer hilfreich ist, sich darüber auszutauschen. Wenn du jemanden brauchst, um über deine Produktivität zu sprechen, melde dich gern.
Informationen und Kontakt zu Coachings auf https://muench.coach/.